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50 Jahre Todd-AO
Rückblick auf das Karlsruher 70mm Wochenende 2005
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Von: Clemens Scherer |
Date:
20 December 2005 |
Clemens
Scherer, Gerhard Schübner und Ingrid Schübner. Bild: Andreas Urban.
Meine erste Begegnung mit echtem 70mm war im Jahre 1990. David Lean´s
"Lawrence von Arabien" ("Lawrence Of Arabia") war im Originalformat rekonstruiert worden und 70mm
Kopien waren in Deutschland im Verleih. Viele Besucher erlebten nach
Jahrzehnten wieder eine echte 70mm Projektion - für mich war es das erste
Mal in meinem Leben überhaupt. Es war reines Glück, weil schon Jahre zuvor
viele 70mm-Projektoren aus den Vorführräumen verbannt und durch kleinere
Maschinen ersetzt worden sind, die lediglich gewöhnlichen 35mm-Film
vorführen können. In Freiburg aber war Günther Hertel zur Stelle, ein
begeisterter Filmvorführer, der die großen 70mm-Klassiker damals selbst
vorgeführt und ihre Erstaufführungen erlebt hatte. Beim Unbau der Kinos
hatte er seinen 'DP70' Projektor in Sicherheit gebracht und gut verwahrt.
Jahrzehnte später bekam er nun die Erlaubnis, diese Maschine für die
genehmigte Spielzeit von lediglich einer Woche zurück in die Vorführkabine
der umgebauten 'Kurbel 1' der UFA zu bringen, um diesen Klassiker von 1965
in echtem Super Panavision 70 vorführen zu können. Der immense Aufwand hatte
sich gelohnt, seither kannte ich den 65/70-Effekt: wie wenn ein Schleier vor
der Leinwand verschwindet und alle Dinge greifbar echt erscheinen. Das war
der Beginn der Suche, weitere Klassiker, die mit einer 65mm-Kamera
produziert worden waren, in echter 70mm-Projektion zu erleben.
Über die Jahre habe ich etliche 65/70-Vorführungen historischer Kopien
besucht. Leider hat sich herausgestellt, daß es mittlerweile fast unmöglich
geworden ist eine befriedigende Präsentation zu erreichen. Der größte Feind
ist allgemein bekannt: der 'Dye Fading'-Effekt. Er betrifft alle bis zum
Ende der siebziger Jahre auf Eastmann Kodak Material gezogenen Kopien, und
Hollywoods 70mm-Klassiker sind ausschließlich auf dieses Material kopiert
worden. Früher oder später läßt dieser Defekt die Farben verblassen, um
lediglich eine rote bis purpurne Färbung zurückzulassen. Ist dann selten
genug eine Kopie noch farblich in gutem Zustand, dann hat sich unter
Umständen das Trägermaterial mit den Jahren verändert und das Bild verläßt
fortwährend die Schärfenebene. Und oft arbeitet eine 'Viktoria 8' im
Vorführraum, wo hingegen eine 'DP 70' dank ihrer gekrümmten Filmbahn dieses
Problem viel besser im Griff hat. Zudem muß man hin und wieder die
unterschiedlichsten Tonstörungen hinnehmen, die durch den zuvor
unsachgemäßen Umgang mit den Magnettonpisten verursacht wurden. Letztlich
sind solche 65/70-Veranstaltungen nicht mehr in der Lage neues Publikum für
das ehedem großartigste Verfahren der Filmindustrie begeistern zu können.
Zumindest greift das bösartige 'Dye Fading' freundlicherweise die
'Magenta-Schicht' - den Hauptträger der Schärfe - als letzte an. Deshalb
waren diese Vorführungen zumeist interessantes Zeugnis der erstaunlich hohen
Auflösung der Erstaufführungskopien. Aus wissenschaftlicher Sicht ist dies
ein wichtiges Detail, man kann noch immer beurteilen ob eine neue Kopie oder
sogar Restaurierung bezüglich Auflösungsvermögen gelungen ist.
Die Vorführung der wenigen 65mm-Neuproduktionen war dagegen weniger
problematisch: "In Einem Fernen Land" (1993), die deutsche Fassung von
"Far
And Away", konnte ich in der 'Schauburg' in Karlsruhe in
Panavision Super 70 sehen. Verglichen mit den Klassikern hatte sich die Aufnahmetechnik
geändert, die Schärfe wird hier dynamisch eingesetzt. "Baraka" (1992) in
Todd-AO und "Hamlet" (1996) in
Panavision Super 70 sah ich mehrfach im
'National Museum of Photography, Film & Television' (NMPFT) in Bradford
(GB).
Deshalb lag nun alle Hoffnung im Erscheinen neuer 70mm-Kopien aus dem
umfangreichen Repertoire der 65mm-Produktionen. 1994 eine herbe
Enttäuschung, die Rekonstruktionsfassung des Klassikers
"My Fair Lady"
(1964) in Panavision Super 70 fand nicht einen einzigen europäischen
Verleiher, die Aufführung fand auf 'arte' im Fernsehen statt.
Die Rekonstruktion von Hitchcocks
"Vertigo" (1958) - einschließlich
Umkopierung von VistaVision auf 70mm - erreichte glücklicherweise wieder
Deutschland. Allerdings benötigte ich drei Versuche die 70mm-Kopie zusammen
mit einer intakten 70mm-Optik und nah genug vor einer ausreichend großen
Leinwand zu erwischen, daß VistaVision seine Wirkung entfalten kann - ein
Drama der besonderen Art.
Das Jahr 2001 brachte dann neue Kopien von "2001: Odysee im Weltraum"
("2001: A Space
Odyssey") - nicht
für Deutschland, aber immerhin eine Kopie für Großbritannien die ich dann
beim Widescreen
Weekend des NMPFT gesehen habe. Die Farben waren wieder
kräftig da, allerdings der ultimative Weltraumeffekt - die Sterne nur
winzige Punkte - gelang mit der Erstaufführungskopie von 1968 wohl besser
und diese hatte ich schon mehrfach zuvor gesehen. Das bedeutete, originale
Schärfe und korrekte Farben waren nur bei getrennten Veranstaltungen zu
sehen. Es war eine seltsame Situation, man hoffte auf kommende
Neuerscheinungen und fürchtete gleichzeitig neue Enttäuschungen.
Beim alljährlichen 'Widescreen Weekend' 2005 in Bradford erwartete uns dann
alle eine große Überraschung. Anläßlich '50 Jahre Todd-AO' waren gleich vier
nagelneue Kopien historischer Todd-AO Filme aus Hollywood angekommen.
Kopiert innerhalb der letzten zwei Jahre waren "The Sound Of Music",
"The
Agony And The Ecstasy" einschließlich Prolog, "Doctor Dolittle" und
"Hello,
Dolly!" ohne Ausnahme von einer sensationellen Qualität. Danach konnte ich
überall berichten, daß es nach Jahrzehnten des Wartens endlich wieder
möglich war, historische Filme in perfektem Todd-AO - dem allerersten
65/70-Verfahren - auf die Leinwand zu bringen.
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Das 70mm Filmfestival der 'Schauburg' in Karlsruhe
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Ingrid
Schübner, Andreas Urban, Gerhard Schübner und Stefan Scholz.
Andreas kommt aus Berlin (Cinema Paris) die anderen aus Lübeck. Bild:
Clemens Scherer
Im weiteren Verlauf des Jahres konkretisierten sich die Ankündigungen des
70mm-Theaters Schauburg in Karlsruhe. "Das Todd-AO Jubiläum wird mit einem
Festival-Wochenende vom 7. bis 9. Oktober 2005 gefeiert in dessen Rahmen
zehn Spielfilme des 65/70-Verfahrens aufgeführt werden". Rechtzeitig wurden
verschiedene Investitionen getätigt - notwendig, um ein zufriedenes Publikum
zu garantieren. Eine neue, passende 70mm-Optik wurde angeschafft und die
'DP75' mit einer neuen Schaltrolle ausgestattet. Den 6-kanal Ton mit 5
Bühnenlautsprechern besorgt nun eine überholte Dolby 'CP 200' Einheit. Der
Magnettonvorverstärker (MPU) wurde durch Modifizierungen verbessert und DTS
für 70mm mit 'Special Venue Kanallayout' installiert. Standard DTS
beinhaltet lediglich drei Bühnenkanäle, die originale Abmischung könnte
damit nur verwaschen wiedergegeben werden. 'Special Venue' stellt alle bei
Todd-AO ursprünglich vorhandenen Kanäle zur Verfügung.
Je näher der 7. Oktober rückte, desto mehr stieg die Spannung. Freunde
hatten sich als Übernachtungsgäste angekündigt und ich konnte die
Kapazitätsgrenzen meiner Wohnung ausprobieren. Dauerkarten wurden
vorbestellt - einige 70mm-Fans erwarteten, daß ganz Karlsruhe die Schauburg
stürmen würde und fürchteten keine Karten mehr zu bekommen.
Endlich war es Freitag, die Freunde trudelten ein und nach einem gemeinsamen
Mittagessen konnte uns nichts mehr zurückhalten. Im Foyer der Schauburg war
eine 'DP 70' aufgestellt, ausgestattet mit originaler Todd-AO Optik und
eingelegter 70mm Kopie. Dort traf man bekannte Gesichter die man aus anderen
70mm-Theatern kannte. Ich sah Leute aus ganz Deutschland, der Schweiz,
Österreich und Frankreich. Fast jeder der verstand was es hier zu sehen gab
nahm diese einzigartige Gelegenheit wahr.
Nach Todd-AO kamen über die Jahre weitere 65/70-Systeme auf, welche die
wesentlichen Parameter exakt kopieren, lediglich andere Geräte - wie Kameras
und Objektive - verwenden. Bei sorgfältiger Arbeit zeigen auch diese Filme
den Todd-AO Effekt und mögen bei einer Hommage an dieses Verfahren nicht
fehlen. Gleich der Eröffnungsfilm "Patton" (1970) ist im
D-150-Verfahren aufgenommen worden. Während die Ouvertüre erklingt wird das Licht auf dem
samtroten Vorhang dunkler, um mit den letzten Tönen zu verlöschen. Im
Dunkeln öffnet sich der Vorhang und im nächsten Moment erscheinen breite
rote und weiße Streifen, der Vorhang gibt eine überdimensionale Flagge der
USA auf der gewölbten
Todd-AO-screen frei. Dann erscheint sehr klein, aber
gut erkennbar, General Patton am unteren Bildrand, den er als Bühnenrampe
für seine flammende Rede nutzt. Schon diese Eröffnungssequenz zeigte,
Bildstand, Schärfe und Seitenverhältnis waren in Ordnung, die Projektion war
sorgfältig eingerichtet - was nicht immer als selbstverständlich
vorausgesetzt werden kann. Der Tonexperte Gunter Oehme war während des
gesamten Festivals anwesend, um eventuell auftretende Probleme sofort zu
beheben - was er auch umgehend beweisen durfte.
Am späten Freitag Nachmittag führte uns Todd-AO mit "The Agony And The
Ecstasy" (1965) zurück zum Ende des 15. Jahrhunderts. Die '20th Century Fox'
hatte ebenfalls den dazu gehörigen Prolog "The Artist Who Did Not Want To
Paint" mitkopiert. Dieser stellt nicht nur Werke des italienischen Künstlers
Michelangelo vor, er zeigt auch inzwischen historische Aufnahmen vom Rom des
Jahres 1965 in Todd-AO. Diese Einführung gehörte zum Spielfilm dazu, war
allerdings in Deutschland noch nie zuvor zu sehen. Der Hauptfilm nach Irving
Stones Erzählung glänzt geradezu durch Todd-AO. Neben der spannenden
Geschichte des Aufeinanderprallens und der gegenseitigen Abhängigkeit zweier
starker Charaktere, getragen von bühnenreifen Dialogen, erzeugt die
detailreiche Ausstattung eine starke Präsenz. Jede Ziernaht der prächtigen
Kleider, jeder Schnörkel der schimmernden Rüstungen, jedes Detail der
Sixtinischen Kapelle erscheint in greifbarer Nähe. Will man
"The Miracle Of
Todd-AO" in seiner Perfektion erleben, dann fällt unter den derzeit
verfügbaren neuen Kopien meine Wahl auf diesen Film.
Die Abendvorstellung bekam Barbra Streisand mit "Hello, Dolly!" (1969), ein
Film der beweist, daß Musicals ganz und gar nicht langweilig sein müssen.
Einzig irritiert die damalige Mode, Nahaufnahmen von Hauptdarstellerinnen
mit Weichzeichner zu machen - Barbra Streisand hatte darauf bestanden. Harry
Stradling Sr. mischt daher gestochen scharfe Bilder mit flau gefilterten
Nahaufnahmen und erzeugt dadurch mit Todd-AO eine seltsame Schärfendynamik.
Andererseits legt der Film fortwährend an Tempo zu, um Dollys Auftritt im
'Harmonia Gardens' zum absoluten Todd-AO Feuerwerk werden zu lassen. Man muß
es selbst erleben, das Kino gemeinsam 'Say hello Dolly...' singend zu
verlassen. Nach dem Film hatte man beim 'Come Together' im Foyer der
Schauburg Gelegenheit zum Fachsimpeln oder einfach seiner Begeisterung Luft
zu machen während man zudem einige Festivalsouvenirs erhielt.
Der Samstag begann mit einem 'Großen Frühstücksbuffet' in der Schauburg.
Wollte man alle Filme dieses Tages sehen bildete dies eine gute
Überlebensgrundlage. Den Start machte wiederum ein konkurrierendes
Verfahren, David Lean erzählt die Geschichte von "Ryans Tochter"
("Ryan´s Daughter") (1970) erwartungsgemäß in Super Panavision. Hier kam eine historische Kopie in
deutscher Fassung zum Einsatz, abgesehen vom 'Dye Fading' in gutem Zustand.
Die Vorführer machten sich besonders verdient beim gefühlvollen Justieren
der Schärfe, immer wenn die Aufmerksamkeit extrem auf eine Seite der
gekrümmten Leinwand gelenkt wurde. Wie bei seinen früheren Filmen begeistert
David Lean durch das genaue Beobachten der Protagonisten und ihrer
verflochtenen Beziehungen.
Am frühen Nachmittag war "Doctor Dolittle" (1967) zusammen mit dem gesammten
Tierreich von England bis zur Südsee wieder da. Wir verfolgen eine Kette
phantastischer Abenteuer auf der Suche nach der großen, rosa Seeschnecke.
Neben dem immer beständigen Rosa waren nun alle Farben mit dieser neuen
Kopie wiederhergestellt. Es ist sehr erfreulich zu erleben wie dieser Film
durch die Brillianz von Todd-AO bestens unterstützt wird.
Gleich anschließend sausten "Die Tollkühnen Männer in ihren fliegenden
Kisten" ("Those Magnificent Men In Their Flying Machines")
(1965) über die Todd-AO Leinwand. Ich war sehr gespannt diese neue Kopie zum
ersten Mal zu sehen. Wiederum konnte ich mich besonders über die deutschen
Offiziere des Kaiserreichs amüsieren. Die aufwändige Rekonstruktion
historischer Fluggeräte erfreut durch großen Detailreichtum. Der typische
Humor dieser britischen Produktion verleiht diesem überaus lustigen Film
Glanzpunkte der Komödie.
Der Samstagabend war einer Galavorführung vorbehalten. Die Schauburg hatte
um Abendgarderobe gebeten und der Großteil des Publikum warf sich in Schale
für "My Fair Lady" (1964). Speziell diese Vorstellung sollte das breite
Karlsruher Publikum ansprechen, weshalb die deutsche Synchronfassung
gespielt wurde, welche die Handlung sprachlich von London nach Berlin
verlegt. Leider steht die restaurierte Fassung nur im englischen Original
zur Verfügung, weshalb hier wiederum eine historische Kopie eingesetzt
wurde, deren 'Dye Fading' leider nicht zu übersehen war. Jedoch - als ob
Professor Higgins es geahnt hätte - kauft er für Eliza ein atemberaubendes
Abendkleid in schwarz und weiß, in dem Audrey Hepburn unverändert eine
Wirkung entfaltet, daß ein Raunen durch das Publikum ging.
Der Sonntag startete wiederum mit dem obligatorischen Frühstücksbuffet.
Dieser Vormittag stand unter dem Motto 'Size Does Matter' und die Schauburg
hatte ihr Publikum eingeladen kostenlos hereinzuschnuppern. Eintrittspreise
sollten niemanden davon abhalten das 70mm-Format in allen seinen Aspekten
kennenzulernen. Nachdem Herbert Born das Publikum begrüßt hatte, führte uns
Thomas Hauerslev zurück zu 'The Early Days Of Todd-AO'. Der Vortrag streifte
den Beginn mit CINERAMA, ein eindrucksvolles aber aufwändiges Verfahren
welches zu vereinfachen und zu verbessern Michael Todd mit Todd-AO
beabsichtigte. Das gezeigte Bildmaterial machte dies für alle gut
verständlich. Die Entwicklung des neuen Verfahrens war eine anspruchsvolle
Aufgabe für jeden beteiligten Ingenieur gewesen, das Erreichen sehr
konkreter Vorstellungen hatte den Entwicklungsrahmen bestimmt. Als Beleg
stellte Thomas Hauerslev die Entwicklung der Spezialkopiermaschine 'Mark
III' vor. Das Ausrüsten üblicher Lichtspieltheater mit Todd-AO wäre unter
Umständen mit drei optischen Problemen auf der gekrümmten Leinwand verbunden
gewesen. 'Mark III' sollte alle drei bereits auf der Kopie ausgleichen. Die
hochkomplizierte Technik hatte tatsächlich funktioniert, war allerdings
aufgrund neu aufkommender Probleme mit der Kopienqualität langfristig
aufgegeben worden. Obwohl also dieser Teil des Prozesses für die späteren
Filme bedeutungslos wurde, ist er wichtig für das Verstehen der Idee hinter
Todd-AO. Davon konnte auch der damals beteiligte Walter Siegmund berichten,
dessen umfangreiches
interview durch Thomas Hauerslev den Abschluß der
Festivalbroschüre bildet und von dem er eine herzliche
Grußbotschaft
speziell für das Publikum des Karlsruher Festivals verlesen konnte.
Zum
Schuß blieben die nachfolgenden Konkurrenzverfahren unbehandelt, das hätte
den zeitlichen Rahmen gesprengt. Eine kurze Erwähnung ihrer Existenz und Namen könnte jedoch hilfreich sein, da das allgemeine Publikum doch etwas
irritiert auf die Schußaussage des später gezeigten 70mm-Trailers von "Far
And Away" reagierte: "Der erste Film in
Panavision Super 70" - und das 1993.
Nach dem Vortrag wurden außergewöhnliche Beispiele für die Nutzung des 70mm
Formats gezeigt. Oliver Brunets
"Fanny's Wedding" - ein französischer
Avantgardefilm des Jahres 2000 - benutzt die Hochauflöslichkeit der 70mm
Kopie, um mit dem unterschiedlichen Charakter von 35mm- gegen 65mm-Negativ
und Schwarzweiß gegenüber Farbe zu spielen. Dieser Film entzieht sich sicher
einer festen Interpretation, man kann ihn jedoch unter anderem als
außergewöhnliche Hommage an den 65/70-Prozeß verstehen: wann immer in
35mm/SW fotografiert, war das Leben der Protagonisten gefährdet durch
Faschisten, in 65mm/Farbe waren sie in die Neuzeit entkommen, in Sicherheit.
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Günther
Hertel und Daniel Heinrich aus Freiburg. Bild: Clemens Scherer
Für "A Year Along
The Abandoned Road" (1991) hat Morten Skallerud einen
derart unglaublichen Aufwand getrieben und so präzise gearbeitet, daß die
Verwendung der Panaflex 65 Kamera mehr als gerechtfertigt war. Über einer
verlassenen Straße schweben wir um einen Fjord in Norwegen, währenddessen
vergehen die Stunden und Tage in unterschiedlichstem Zeitraffer. Zur Musik
von Jan Garbarek komponiert Morten Skallerud seine Eindrücke. Menschen am
Anlegesteg der Fähre, ein Blick auf die uns umkreisenden Sterne des
Nachthimmels. Jeweils führt uns der Weg weiter um den Fjord der nächsten
Jahreszeit entgegen.
Den Abschluß dieses Programmblocks bildeten zahlreiche, interessante
Versatzstücke in 70mm. Werbung, Filmausschnitte, Dokumentarfilme und Trailer
zeigten die maximale Spannbreite dessen, was je auf 70mm kopiert wurde.
Nicht immer war der Grund eine Todd-AO-Bildqualität, in späteren Jahren nur
die höhere Farbdichte des 70mm Films und die Verfügbarkeit des 6-kanaligen
Magnettons - man hört die 70mm Kopie - oder sogar lediglich die Möglichkeit
das Vorprogramm direkt vor den Hauptfilm in 70mm koppeln zu können. Es ist
daher nicht richtig jedes 70mm Produkt 'Todd-AO' zu nennen - wozu
70mm-Theater immer gerne neigten. Denn damit beschädigt man das
Markenzeichen "Todd-AO" und der beträchtliche Aufwand dem Publikum
tatsächlich ein gestochen scharfes Bild zu bieten macht an der Kinokasse
keinen Unterschied - besonders wenn die Anzahl der Vorführungen sehr
begrenzt ist. Um das Publikum nicht zu verwirren, mag man akzeptieren, daß
die zahlreichen, vergleichbaren 65/70-Verfahren unter dem Begriff Todd-AO
zusammengefaßt werden, alles andere ist jedoch lediglich 'präsentiert im
70mm Filmformat'.
Der letzte Nachmittag des Festivals begann mit "Airport" (1970), dem ersten
Todd-AO Film, der zur Drehzeit des Films spielt. Man war in den 70er Jahren
angekommen, die Ausstattung ist neuzeitlich schlicht - zumindest verglichen
mit den Möglichkeiten der historisch angesiedelten Filme. Mit dem Anbruch
unserer modernen Zeit endete bald die regelmäßige Verwendung aller
65mm-Aufnahmesysteme. Der Auswertungsvorteil wurde kurzfristig betrachtet
als marginal beurteilt, kleiner als der erhöhte Aufwand einer 65mm-
gegenüber 35mm-Produktion. 70mm Kopien wurden allerdings weiterhin
hergestellt - vom 35mm-Negativ im 'blow up'-Verfahren - und wie bisher
beworben.
Aber gerade "Airport" zeigt trotz leichtem 'Dye Fading' der historischen,
deutschen Synchronfassung wie selbst hier Todd-AO die Absicht des Films auf
natürliche Weise unterstützt, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen.
Spätere 35mm-Filme versuchen die Reduktion der Bildpräsens mit zunehmend
gesteigerter 'Action' zu kompensieren, was nicht vollständig gelingen kann.
Den vorletzten Film hatten viele gespannt erwartet, 40 Jahre nach seiner
Herstellung war diese Vorstellung die Deutschland-Premiere der ungekürzten
Fassung von "Meine Lieder meine Träume" ("The Sound Of Music"). Sicher fesselt die ans Herz gehende
Geschichte der österreichischen Familie von Trapp nach einer wahren
Begebenheit das Interesse des Publikums. Deshalb fällt es kaum auf, daß hier
der Todd-AO Prozeß einem leichten Kompromiß unterworfen wurde. Wohl mit
Rücksicht auf die zahlreichen Kinderdarsteller jeden Alters, verzichtet die
Produktion auf die sonst übliche starke Ausleuchtung und dichte Annäherung
der Kamera. Ted McCord arbeitet deshalb oft mit offener Blende und längeren
Brennweiten was beides zu einer dünnen Schärfentiefe führt und von dem
'Focus Puller' höchste Präzision verlangt. Nicht alles was das Auge
interessiert, erreicht die gewohnte Todd-AO-Schärfe, sie ist allerdings
jeweils dort zu finden, wo Robert Wise sie benötigt.
Das Festival endete mit "2001: Odysee im Weltraum" ("2001: A Space
Odyssey") . Nicht zuletzt durch Super
Panavision 70 gelang Stanley Kubrick 1968 die perfekte Illusion des
schwerelosen Aufenthalts im lebensfeindlichen Weltraum. Die von der ersten
Mondumkreisung mit Apollo 8 zurückkehrenden Astronauten antworteten auf die
Frage wie es im Weltraum sei: "Unbeschreiblich... - eben wie in Kubricks
2001". Alle Inhaber einer Dauerkarte konnten dieses großartige Festival mit
einem Filmbild aus "2001" verlassen, abgeschnitten von einem überzähligen
Stück aus einer alten Kopie.
Für dieses Wochenende war Karlsruhe cinematographisch betrachtet zum 'Nabel
der Welt' geworden. Am folgenden Tag dem 10. Oktober 2005 vor genau 50
Jahren hatte die Uraufführung des ersten Todd-AO Films "Oklahoma!" in New
York City stattgefunden, besser hätte das Jubiläum nicht begangen werden
können. Wir danken Herbert Born und seinem ganzen Team für dieses gelungene
Festival und erwarten nun hoffnungsvoll das Wiedererstehen weiterer
Klassiker. Wir sind gespannt auf das nächste Festival '100 Jahre Schauburg',
bereits angekündigt für den 6. bis 8. Oktober 2006. The Miracle Of
Todd-AO ist nach Jahrzehnten in denen man schon nicht mehr daran glaubte in voller
Lebendigkeit zurück, mir erscheint dies noch immer wie ein Wunder.
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22-01-25 |
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